In der Serie “Was muss ein Ausfuhrsachbearbeiter beachten?” möchten wir Ihnen einen Überblick über die notwendigen zoll- und außenwirtschaftsrechtlichen Schritte geben, die bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und der Ausfuhr in Drittländer zu beachten sind.

Bedeutung und Herausforderungen der Tarifierung in der Praxis

Im grenzüberschreitenden Warenverkehr ist die Statistische Warennummern das zentrale Ordnungsmerkmal. Waren werden nach ihrer technischen Beschaffenheit eingereiht und erhalten eine Warennummer (auch Zolltarifnummer genannt). Sie spielt eine zentrale Rolle in allen zoll- und außenwirtschaftsrechtlichen Bereichen: 

  • Handelspolitische Maßnahmen
  • Zollschuld
  • Präferenzen
  • Zollbefreiung
  • Kontingente
  • Verbote und Beschränkungen
  • Umsatzsteuer/Verbrauchssteuer
  • Exportkontrolle, Risikoanalyse
  • Genehmigungspflichten, Vorzulegende Unterlagen, Einfuhrumsatzsteuersatz
  • Bestimmt den tatsächlichen Zollsatz und den ermäßigten Zollsatz

Für die Praxis heißt das, dass die Zuordnung einer Ware zur falschen Warennummer im Zoll- und Außenwirtschaftsbereich weitreichende Folgen haben kann. Somit ist es einerseits erforderlich, die Änderungen zum Jahreswechsel zu berücksichtigen. Andererseits aber auch, mitgelieferte Warennummern von Dienstleistern und Lieferanten auf Richtigkeit zu prüfen. Insbesondere im elektronischen Zollsystem ATLAS hat eine falsche Warennummer oft umfassende Folgen (Ablehnung des Zollantrages, Ausfuhrgenehmigungspflicht entsteht, erhöhter Zollsatz bei der Einfuhr etc.).

Mit Hilfe des elektronischen Zolltarifs (EZT) werden die erforderlichen Angaben bei der Ein- oder Ausfuhr erfasst. Der EZT umfasst u.a. notwendige Unterlagencodierungen, Zusatzcodes Genehmigungen, Lizenzen und mögliche Präferenznachweise. Die Recherche ist hier möglich: auskunft.ezt-online.de.

Zum 1. Januar jeden Jahres ändern sich die Warennummern. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gibt die Änderungen des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik im Internet bekannt. Hierbei ist zu beachten, dass ein reiner Vergleich der Warennummern nicht ausreichend ist, weil sich immer auch inhaltliche Änderungen ergeben. So kann es durchaus möglich sein, dass die bislang genutzte Warennummer noch besteht, die Ware aber einer anderen Nummer zugeordnet werden muss.

Aufbau der Warennummer und Einsatz

Für die Warennummer gibt es, je nach Anwendung, unterschiedliche Begriffe.

Das Harmonisierte System (HS) zur Bezeichnung und Codierung von Waren des internationalen Handels ist die sechsstellige, weltweit gültige Nomenklatur. Derzeit sind 151 Staaten Vertragsparteien des HS. Insgesamt wird das System von 207 Staaten beziehungsweise Wirtschaftsunionen angewendet. 

Das HS stellt auch die Basis für die achtstellige Warennummer der EU dar. Je nach Vorgang sind entweder die 11-stellige Codenummer oder die 8-stellige Warennummer (Kombinierte Nomenklatur) anzugeben: 

  • Internationaler Handel: 6-stellige Codenummer (Harmonisiertes System HS)
  • Einfuhr in die EU: 11-stellige Codenummer (Elektronischer Zolltarif)
  • Ausfuhr aus der EU: 8-stellige Warennummer (Kombinierte Nomenklatur)
  • Intrastat: 8-stellige Warennummer (Kombinierte Nomenklatur)

Übersicht über die förmliche Gliederung der 11-stelligen Codenummer am Beispiel eines gebundenen Kinderbuchs (Quelle: www.zoll.de):

 Codenummer  Förmliche Gliederung  Bedeutung 
 49  Kapitel – Harmonisiertes System    
 4901  Position – Harmonisiertes System    
 4901 99  Unterposition – Harmonisiertes System  International einheitliche Einreihung von Waren 
 4901 9900  Unterposition – Kombinierte Nomenklatur  Ermöglicht auch die Zuordnung von Zollsätzen, Textilkategorien, Verbotne und Beschränkungen oder Einfuhrgenehmigungstatbeständen bei der Einfuhr 
 4901 9900 00  Unterposition – TARIC  Verschlüsselt gemeinschaftliche Maßnahmen z. B. Antidumpingregelungen, Zollaussetzungen, Zollkontingente 
 4901 9900 00 9  Codenummer – Elektronischer Zolltarif  Verwendung für nationale Zwecke z. B. Verschlüsselung der Umsatzsteuersätze, nationaler Verbote und Beschränkungen 

Die derzeitige Nomenklatur umfasst 21 Abschnitte, 97 Kapitel sowie über 5.000 Unterpositionen.

Grundlagen der Tarifierung

Die Einreihung von Waren ist eine anspruchsvolle und schwierige Aufgabe. Zum einen umfasst die derzeitige Nomenklatur 21 Abschnitte, 97 Kapitel sowie über 5.000 Unterpositionen. Zum anderen ist das Warenverzeichnis abstrakt und muss auch die Klassifikation von Waren ermöglichen, die eben erst erfunden werden. Außerdem sind tiefgehende Produktkenntnisse unerlässlich.

Die Grundlagen zur Einreihung befinden sich – häufig unbeachtet – am Beginn des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik. Die sogenannten Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des Warenverzeichnisses (AV) führen in vielen Fällen zu einer klaren Einreihung. Dort finden sich Regelungen zu:

  • Unvollständigen Waren
  • Mischungen
  • Verpackungen
  • Zweifelsfällen, wenn mehrere Warennummern in Frage kommen:
    • Verwendungszweck sticht Material (Zweck vor Stoff)
    • Genauere Beschreibung sticht allgemeine Beschreibung
    • Größere Warennummer sticht kleinere

Ein ergänzendes Hilfsmittel zur Einreihung sind die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur 2015 der EU-Kommission. Die Erläuterungen werden als wichtiges Hilfsmittel zur Auslegung der einzelnen Tarifpositionen angesehen, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein. Die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur finden ihre Rechtsgrundlage in der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif. Die letzte Fassung ist am 4. März 2015 herausgegeben worden.

Einreihungswege

(Verbindliche) Auskünfte zur richtigen Warennummer

Trotz unterschiedlicher Hilfsmittel bei der Einreihung kommt es in der Praxis zu unterschiedliche Auffassungen, welche Warennummer anzuwenden ist. Es ist auch denkbar, dass dieselbe Ware bei unterschiedlichen Zollstellen unterschiedlich eingereiht wird. Für ein Unternehmen ist dies problematisch, da Änderungen weitreichende Konsequenzen, beispielsweise im Zollsatz oder bei den erforderlichen Dokumenten haben. Folgende Möglichkeiten können zur Klärung genutzt werden:

  • Unterschiedliche Auffassungen innerhalb eines Hauptzollamtsbezirks: Klärung durch das zuständige Hauptzollamt.
  • Unterschiedliche Auffassungen innerhalb Deutschlands: Klärung durch die Generalzolldirektion Dresden. Eine solche Auskunft ist zwar nicht rechtsverbindlich, sollte aber in der Regel für eine einheitliche Handhabung ausreichen.
  • Unterschiedliche Auffassungen innerhalb der EU beziehungsweise Wunsch nach verbindlicher Auskunft: hierzu gibt es das Instrument der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA).
    Diese wird vom Hauptzollamt Hannover erteilt, sie ist grundsätzlich drei Jahre gültig und bindet die Verwaltung EU-weit. Der ehemalige Antrag auf Erteilung einer vZTA wurde zum 1. Oktober 2017 geändert und lautet jetzt „Antrag auf Entscheidung über eine verbindliche Zolltarifauskunft”. Im neuen Antragsformular werden die EORI-Nummer und das Vertretungsverhältnis von Antragsteller und Zollvertreter abgefragt.
    Seit 1. Mai 2016 ist auch der Antragsteller an die vZTA gebunden, dies gilt sowohl für neue als auch für vor dem 1. Mai 2016 erteilte vZTAen. Seit diesem Zeitpunkt werden auch vZTAs auch für Ausfuhren erteilt und müssen in Zollanmeldungen codiert werden (C626). 
    Bereits erteilten vZTA können in einer EU-Datenbank recherchiert werden.
    vZTAs können auch eine Bindungswirkung für ähnliche Produkte entfalten, sofern „es sich um erzeugnis- und herstellungsbedingte unvermeidliche Abweichungen handelt, die keine Auswirkung auf das Einreihungsergebnis haben können” so der Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 26.1.2012, VII R 17/11.
    Weitere Informationen zur Verbindlichen Zolltarifauskunft finden Sie auf der Internetseite des Zolls: www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Zolltarif/verbindliche-Zolltarifauskunft/verbindliche-zolltarifauskunft_node.html
  • Warenummern für eine Ausfuhr: können auch beim Statistischen Bundesamt erfragt werden