Die vier Säulen der Exportkontrolle

Güterprüfung

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Was ist Güterprüfung?

Exporte sind dann genehmigungspflichtig, wenn das Exportgut bestimmte technische Produkteigenschaften aufweist. Es kommt hier also darauf an, was geliefert wird. Unter Güterprüfung versteht man die Recherche, ob das Exportgut gelistet ist und somit eine Genehmigung beantragt bzw. genutzt werden muss. Genehmigungspflichten können für Lieferungen in alle Länder außerhalb der EU entstehen, in seltenen Fällen auch für Verbringungen innerhalb der EU.

Wichtig: der Güterbegriff umfasst neben Waren auch Software und Technologie, sowie die Bereitstellung von technischer Unterstützung.

Diese Stichworte werden im Zusammenhang mit der Güterprüfung auch noch verwendet:

  • Dual-Use Prüfung
  • Güterklassifizierung
  • Artikelbewertung
  • Unterlagencodierung
  • Artikelklassifizierung

Warum muss die Güterprüfung durchgeführt werden?

Im Außenwirtschaftsverkehr gilt sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene zunächst der Grundsatz des freien Warenverkehrs. Beschränkungen und Anordnungen von Handlungspflichten sind jedoch möglich, wenn dies zur Wahrung bestimmter höherrangiger Schutzgüter erforderlich ist. Zentrales Ziel ist, eine Bedrohung Deutschlands oder seiner Bündnispartner durch konventionelle Waffen und Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Auch sollen deutsche Exporte in Krisengebieten weder konfliktverstärkend wirken noch zur internen Repression oder anderen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen beitragen. Durch ihre Einbindung in internationale Gremien verpflichtet sich die Bundesrepublik Deutschland zudem, die auswärtigen Beziehungen nicht durch kritische Exporte zu belasten. Nicht zuletzt dienen Exportkontrollen der Durchsetzung von Embargo-Beschlüssen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und Umsetzung der EU-Embargoverordnungen.

Welche Rechtsgrundlagen liegen zu Grunde? Wo muss geprüft werden?

Der Handel mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial ist von der Zuständigkeit der EU ausgenommen. In Deutschland erfolgt die Umsetzung über die Außenwirtschaftsverordnung §74 Absatz 1 AWV.

  • Deutsche Ausfuhrliste Abschnitt A §8 Absatz 1 bzw. §11 Abs. 1 AWV (Anhang zur Außenwirtschaftsverordnung)
  • Deutsche Ausfuhrliste Abschnitt B A §8 Absatz 1 bzw. §11 Abs. 2 AWV (Anhang zur Außenwirtschaftsverordnung)
  • Anhang I Artikel 3 EU-VO 821(2021 (EG-Dual-Use Verordnung)
  • Anhang IV Artikel 3 und 11EU-VO 821(2021 (EG-Dual-Use Verordnung)

 Daneben können sich Ausfuhrbeschränkungen aus

  • Verordnung (EU) Nr. 2019/125 (Anti-Folter-Verordnung)
  • Verordnung (EU) Nr. 258/2012 (Feuerwaffenverordnung)

ergeben.

Exkurs: Die US-Re-Exportkontrolle

Die USA legen ihr Exportrecht extraterritorial aus. Das hat für Unternehmen, die mit US-Waren handeln oder deren Geschäft einen Bezug zu den USA aufweist, zur Folge, dass auch US-amerikanische Bestimmungen der Exportkontrolle eingehalten werden müssen. Bei Verstößen drohen Unternehmen nicht nur Geld- und Freiheitsstrafen, sondern Unternehmen landen nicht selten selbst auf einer „schwarzen Liste“. Die Folge: sie verlieren den amerikanischen Markt als Absatzoption – und eventuell noch andere Kunden, die ihrerseits auch die amerikanischen Exportkontrollvorschriften prüfen.

Wer muss eine Güterprüfung im Rahmen der Exportkontrolle vornehmen?

Haben Sie einen Vertrag mit einem Empfänger in einem Drittland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union abgeschlossen? Treten Sie als zollrechtlicher Ausführer auf? Dann sind Sie zu einer Exportkontrolle verpflichtet! Ausführer ist jede natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die zum Zeitpunkt der Ausfuhr Vertragspartner des Empfängers in einem Drittland ist und über die Lieferung bzw. Übertragung der Güter in ein Drittland bestimmt.

Unterschätzen Sie das Thema nicht: Es gibt mehr Gesetze zu berücksichtigen, als es zunächst den Anschein hat. Nur weil keine Waffen geliefert werden, befreit das nicht von der Güterkontrolle.
Die militärische Nutzbarkeit der Güter ist entscheidend. Kritisch wird es bei Waren der Kategorie „Dual-Use-Güter“. Das sind Güter, die neben ihrem ursprünglichen Zweck einer „kritischen Endverwendung“, nämlich militärischen Zwecken, zugeführt werden können.

Beispiele: Kinderhandschellen mit Schlüssel fallen unter die Anti-Folter Verordnung; Westernstiefel können unter die Artenschutzverordnung fallen, Lippenstifthülsen könnten als Dual-Use Gut auch als Patronenhülsen weiterverarbeitet werden und ein Hersteller von Mäusefallen muss codieren, dass er keine Kulturgüter älter 50 Jahre ausführt.

Wer ist im Unternehmen zuständig?

Sollen gelistete Güter exportiert werden, muss der Ausführer dem BAFA gegenüber schriftlich einen Ausfuhrverantwortlichen benennen. Er trifft alle Vorkehrungen, damit der Ausführer die Bestimmungen des Außenwirtschaftsrechts einhält. ABER: Exportkontrolle ist Chefsache. Wenn ein Unternehmen dem BAFA einen Ausfuhrverantwortlichen meldet, muss dieser Mitglied des Vorstands oder der Geschäftsführung sein. Bei Unternehmen, die keinen Ausfuhrverantwortlichen beim BAFA gemeldet haben, haften je nach Gesellschaftsform des Unternehmens die Geschäftsführer bzw. Vorstände persönlich. Insofern ist Exportkontrolle “Chefsache”. Dem Ausfuhrverantwortlichen obliegen die Organisationspflicht, die Personalauswahl, die Weiterbildungspflicht seines Personals sowie die Überwachungspflicht rund um das Thema der Exportkontrolle. Grundsätzlich ist er der Unterzeichner aller Genehmigungsanträge.

Bei der Klassifizierung der Artikel stellt sich immer die Frage, wer im Unternehmen diese Aufgabe übernehmen soll. Bei technischen Produkten tut sich die Zollabteilung mit der Klassifizierung meist schwer, da dort Mitarbeiter mit eher kaufmännischem Hintergrund arbeiten. Hier ist die Unterstützung durch die Entwicklungsabteilung sinnvoll. Auch die Einkaufsabteilung kann unterstützen, denn auch diese sollte die Produkte, die sie für das Unternehmen beschafft, gut kennen und daher auch eine Prüfung vornehmen können. In der Praxis wird die operative Exportkontrolle in der Regel von einem Exportkontrollbeauftragten verantwortet, der in der Regel der Geschäftsführung unterstellt bleibt. Und damit haftet dieser auch nicht persönlich, sondern es bleibt die Geschäftsleitung in der Haftung.

Was muss geprüft werden?

Es muss geprüft werden, ob das Exportgut bestimmte technische Produkteigenschaften aufweist und damit die Voraussetzung für ein gelistetes Gut erfüllt. 

Die Ausfuhr ist insbesondere dann genehmigungspflichtig, wenn Sie Güter liefern, die für militärische Zwecke besonders konstruiert oder geändert sind. Bei diesen Gütern spricht man dann von „Rüstungsgütern“. Die Lieferung von Rüstungsgütern ist grundsätzlich genehmigungspflichtig. Die betroffenen Güter sind in der Ausfuhrliste (Teil I Abschnitt A) enthalten.

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Zusätzlich geht es um die Frage, welchem militärischen Zweck sie neben ihrem eigentlichen Bestimmungszweck noch dienen könnten (Dual-Use Gut). Unter Dual-Use-Gütern, versteht man Güter, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendetet werden können. Für Dual-Use Güter benötigt man eine Ausfuhrgenehmigung bzw. in bestimmten Fällen eine Verbringungsgenehmigung. Und Dual-Use Güter sind nicht so weit weg wie Sie vielleicht denken. Ein Großteil der Güter im Bereich Werkstoffe, IT oder Chemie (CAS-Nummern) unterliegt der Dual-Use Verordnung und ist als Dual-Use Gut klassifiziert. Auch Ersatzteile wie spezielle Dichtungen, Pumpen oder Hydraulikteile sind oft Dual-Use Güter.

Wie muss geprüft werden?

Unternehmen müssen sicherstellen, dass keine ungenehmigte Ausfuhr erfolgt. Deshalb muss regelmäßig eine Güterlistenprüfung durchgeführt werden, ob die eigenen Güter von den Güterlisten erfasst sind. Eine klare Anweisung, in welcher Form und wann die Prüfung erfolgen muss, gibt es jedoch auch für die Güterprüfung nicht.

Klar ist nur – wenn das Ausfuhrbegleitdokument erstellt oder schon ein Dienstleister beauftragt wird, ist es zu spät. Sinnvoll ist aus unserer Sicht eine Artikelbewertung im Vorfeld und eine Hinterlegung der Codierungen im Artikelstamm Ihrer Außenhandelsdaten. Denn: bei 500 Schraubenarten mit bestimmten Legierungen wird 499 Mal Y901 codiert (= Meldung an den Zoll, dass das Gut unter keine der Regelungen fällt), ein Mal brauchen Sie aber eine Ausfuhrgenehmigung. Wichtige Voraussetzung für eine Klassifizierung: vorliegende Zolltarifnummern und eine möglichst detaillierte Beschreibung – ergo eine genaue Analyse Ihres Materialstamms.

Wenn Rüstungsgüter und die wenigen nationalen Dual-use-Güter (Teil I der Ausfuhrliste der Außenwirtschaftsverordnung) nicht zur eigenen Produktpalette gehören, können Sie sich bei der Kontrolle auf den Anhang I der EG-Dual-Use-Verordnung konzentrieren. Sie sollten auch sicherstellen, dass keine genehmigungspflichtige Handelsware übersehen wird.

Hilfestellung für die Interpretation der Listen stellt das nicht rechtsverbindliche Umschlüsselungsverzeichnis dar. Es nennt zu den Zolltarifnummern die jeweiligen Gütergruppen der Dual Use Güter und verweist auf die Stellen in der Verordnung, wo man die Prüfkriterien findet. Erfüllen die Eigenschaften des eigenen Gutes diese Kriterien, ist eine Ausfuhr genehmigungspflichtig.

Um den Inhalt der Listen verstehen zu können, sind Produktkenntnis und technisches Verständnis erforderlich. Deshalb sollten die entsprechenden technischen Fachabteilungen und/oder der Einkauf in die Prüfung eingebunden sein.

Das Prüfergebnis muss im Unternehmen dokumentiert werden. Einerseits damit dem Vertriebsmitarbeitern bereits bei der Geschäftsanbahnung klar ist, ob eine Genehmigung gebraucht wird oder nicht. Und auch die Versandabteilung vor der Auslieferung nochmal überprüfen kann, ob die Waren tatsächlich versendet werden dürfen. Andererseits dient das Prüfergebnis und der Weg zum Prüfergebnis (also z.B. die Begründung, warum das eigene Produkt nicht klassifiziert werden muss) auch als Nachweis im Rahmen der Zollprüfung. Und kann außerdem bei versehentlichen Fehlern auch die Strafe reduzieren.

Sie können für sich nicht abschließend klären, ob eine Ware gelistet ist oder nicht?

Dann können Sie einen Antrag zur Auskunft zur Güterliste (AZG) stellen. Die Auskunft zur Güterliste (AZG) enthält keine Entscheidung über die Genehmigungsfreiheit einer konkreten Ausfuhr, sondern lediglich über die Listung einer Ware.

Möchten Sie klären, ob für ein spezielles Ausfuhrvorhaben Verbote oder Genehmigungspflichten gelten, können Sie auch beim BAFA eine entsprechende Klärung in Auftrag geben.

Was bedeutet es, wenn ein Gut “gelistet” ist.

Für Güter, die vom Anhang I der Verordnung (EU) 2021/821 („EU-Dual-Use-VO“) in der jeweils aktuellen Fassung und dem Teil I der Ausfuhrliste der Außenwirtschaftsverordnung (Anlage zur AWV) erfasst werden, bestehen Genehmigungspflichten. In bestimmten Fällen benötigt man für Dual-Use Güter auch eine Verbringungsgenehmigung.

ACHTUNG: Wäre die Lieferung genehmigungspflichtig, ist auch die technische Unterstützung, wie bspw. die Durchführung von Schulungen, Beantwortung von Fragen oder die Übersendung von Bauplänen bzw. technischen Details per Mail genehmigungspflichtig.

Falls Ihre eigenverantwortliche Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass das konkrete Exportvorhaben genehmigungspflichtig ist, muss ein formgebundener Antrag auf Erteilung einer Ausfuhr-/Verbringungsgenehmigung beim BAFA über das ELAN2K Portal gestellt werden. Bitte beachten Sie, dass die Dauer der Bearbeitung Ihrer Anträge auch von der Qualität Ihrer Vorprüfung abhängt. Vor Beantragung einer Einzelausfuhrgenehmigung sollten Sie daher prüfen, ob die Einzelausfuhrgenehmigung der für Ihr Ausfuhrvorhaben zutreffende Genehmigungstyp ist oder ob Sie nicht bereits eine Allgemeine Genehmigung (AAG) nutzen können bzw. ob die Beantragung einer Sammelausfuhrgenehmigung (SAG) möglich ist.

Allgemeingenehmigungen haben den Vorteil, dass diese Ihre Lieferfähigkeit nicht einschränken und Sie sofort liefern dürfen. Dennoch sind Regelungen zu berücksichtigen, an die Sie sich unbedingt halten müssen. Bei der Suche nach einer möglichen Allgemeinen kann der AGG-Finder Sie unterstützen.

Welche Folgen haben Verstöße?

Die Spanne von rechtlichen und finanziellen Konsequenzen ist breit und reicht von zivilrechtlichen bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen. Hinzu kommen auch Folgen für das Unternehmen selber wie Vertragsstrafen, Auftragsausfälle oder Aussetzungen bereits erteilter Ausfuhrgenehmigungen. Auch eine verschärfte Betriebsprüfung ist regelmäßig Folge eines Verstoßes.

Darüber hinaus können dem jeweiligen Unternehmen entsprechende Privilegien und Gütesiegel für zoll- und außenwirtschaftsrechtliche Vereinfachungen entzogen werden. In der Praxis bedeutet dies dann unter anderem: Mehraufwand, finanzielle Nachteile. Nicht zuletzt einen Imageschaden oder eine verschlechterte Marktposition 

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